Zugewinnausgleich

Was bedeutet Zugewinnausgleich?

Wenn Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben - und das ist immer der Fall, wenn Sie keinen Ehevertrag abgeschlossen haben der den gesetzlichen Güterstand nicht explizit ausschließt - muss derjenige der beiden Ehepartner, der während der Ehe einen höheren Zugewinn erzielt hat, dem anderen die Hälfte des höheren Zugewinns ausgleichen.

Rechtsanwalt Berlin Scheidung

Wie wird der Zugewinnausgleich berechnet?

Die Berechnung des Zugewinns erfolgt so, dass für jeden Ehegatten eine Bilanz aller Vermögenswert - auch der jeweiligen Schulden - zu zwei Stichtagen aufgestellt wird. Der erste Stichtag ist der Tag der Heirat. Das gesamte an diesem Tag vorhandene Vermögen bildet das sogenannte Anfangsvermögen. Das Anfangsvermögen wird noch anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindex inflationiert.

Der zweite Stichtag ist der Tag, an dem dem anderen Ehegatten der Scheidungsantrag vom Gericht zugestellt wird. Das an diesem Tag vorhandene Vermögen ist das sogenannte Endvermögen. Die Differenz zwischen Endvermögen und Anfangsvermögen stellt den Zugewinn dar, der für jeden Ehegatten separat berechnet wird. Derjenige Ehegatte, der den höheren Zugewinn erzielt hat, hat dem anderen Ehegatten die Differenz zu erstatten. Im Ergebnis werden beide Ehegatten so gestellt, als hätten Sie während der Ehe denselben Zugewinn erzielt.

Bsp.: Das Ehepaar E hat am 01.01.2000 geheiratet. An diesem Tag besaß der Ehemann ein Haus im Wert von 300.000 € und hatte einen Immobilienkredit in Höhe von 150.000 €. Am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages (1.5.2022) ist das Haus, 500.000 € wert. Der Immobilienkredit ist abbezahlt. Die Ehefrau hatte weder am Tag der Eheschließung noch am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages Vermögen.

Hier hat der Ehemann während der Ehe einen Zugewinn in Höhe von 350.000 € erzielt (200.000 Wertsteigerung, 150.000 € Tilgung Darlehn). Die Ehefrau hat keinen Zugewinn erzielt. Ergebnis: Die Ehefrau hat gegen den Ehemann einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 175.000 €.

Welche Rolle spielt eine Erbschaft, oder eine Schenkung beim Zugewinnausgleich?

Erhält einer der beiden Ehepartner während der Ehe eine Erbschaft oder eine Schenkung, so wird diese seinem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Der andere Ehegatte partizipiert an einer Schenkung oder Erbschaft nur insoweit, als sich deren Wert, z.B. bei einer Immobilie, während der Ehe erheblich steigern kann.

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Welche Besonderheiten gelten für in der DDR geschlossene Ehen?

Die DDR kannte – anders als das heutige Familienrecht in Deutschland – nur einen Güterstand, die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft (§ 13 Familiengesetzbuch DDR). Danach fielen kraft Gesetzes alle von einem oder beiden Ehehatten während der Ehe durch Arbeit oder Arbeitseinkommen erworbenen Sachen und Rechte in das gemeinsame Eigentum der Ehegatten.

Bei Beendigung der Ehe wurde dieses gemeinschaftliche Eigentum entweder real geteilt, oder, bei Zuweisung von Alleineigentum an einen Ehegatten, dem anderen der hälftige Wert in Geld erstattet. Die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft der DDR wurde mit Wirkung ab dem 3. Oktober 1990 durch das bundesdeutsche Familienrecht abgelöst, als das Bürgerliche Gesetzbuch auch in den neuen Bundesländern (Beitrittsländern) in Kraft trat.

Bestehende in der DDR geschlossene Ehen wurden Kraft Gesetztes in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft übergeleitet.

Ausnahme: Einer oder beiden Ehegatten haben innerhalb der möglichen Zweijahresfrist eine Erklärung abgegeben, dass Ihr bisheriger DDR-Güterstand künftig weitergelten soll.

Daraus ergeben sich bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs für in der DDR geschlossene Ehen folgende Besonderheiten:

  1. Stichtag für die Bestimmung des Anfangsvermögens ist immer der 3. Oktober 1990 (nicht der Tag der Heirat)
  2. Eine rückwirkende Ausdehnung des Zugewinnausgleichs auf das ab Ehebeginn angesammelte Vermögen ist ausgeschlossen.
  3. Aber: Zusätzlich zum Zugewinnausgleichsanspruch kommt für den Berechtigten ein weiterer Ausgleichsanspruch nach § 40 Familiengesetzbuch der DDR für die Zeit von der Eheschließung bis zum 3. Oktober 1990 in Betracht (BGH, Entscheidung vom 5.5.1999 XII ZR 184/97).

Beispiel:

Die Eheleute haben 1980 ohne einen Ehevertrag zu schließen in Leipzig geheiratet und beantragen 2021 die Scheidung. Sie hatten zum Zeitpunkt ihrer Heirat kein Vermögen. Am 3. Oktober 1990 gehörte dem Ehemann ein Einfamilienhaus und eine Elektrofirma. Sowohl das Haus als auch die Elektrofirma stehen auch bei der Scheidung noch in seinem Alleineigentum.

Hier kann die Ehefrau im Rahmen des Zugewinnausgleichs die Hälfte des Wertzuwachses verlangen, den das Haus und die Firma in der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum Tag der Zustellung erfahren haben. Darüber hinaus kann Sie einen Ausgleich nach § 40 Familiengesetzbuch für die Zeit von der Heirat bis zum 3. Oktober 1990 verlangen.

Ich weiß nicht, wie hoch das Vermögen meines Ehepartners ist

Das Gesetz sieht umfassende Auskunftsansprüche der Ehegatten vor, damit diese Ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich berechnen können. Jeder der beiden Ehegatten muss Auskunft geben über sein Anfangsvermögen, sein Endvermögen, sowie sein Vermögen am Tag der Trennung.

Außerdem muss er seine Auskünfte mit geeigneten Dokumente belegen, z.B. mit Kontoauszügen für das Bargeld, Depotbescheinigungen für Aktien, oder Kaufverträgen für Sachwerte.

Hat ein Ehegatte begründete Zweifel, dass die Auskunft seines Ehepartners richtig ist, kann er verlangen, dass dieser eine eidesstattliche Versicherung darüber abgibt, dass seine Auskunft vollständig und richtig ist. Das ist ein nützliches Instrument, um zu verhindern, dass bestimmte Vermögenswerte in der Aufstellung des Endvermögens "vergessen" werden. Die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung ist eine Straftat und man überlegt sich zwei Mal, ob man dieses Risiko eingehen will.

Sehr wichtig ist der Auskunftsanspruch über das Vermögen des Ehepartners zum Tag der Trennung. Es ist schon fast die Regel, dass die Ehegatten versuchen ihr Endvermögen kleiner erscheinen zu lassen, als es ist. Das geschieht vor allem in der Phase zwischen Trennung und der Zustellung des Scheidungsantrages (Stichtag des Endvermögens). Mit dem Auskunftsanspruch zum Stichtag der Trennung hat der andere Ehepartner eine gute Möglichkeit, dem entgegenzuwirken. Wenn festgestellt wird, dass zwischen dem Tag der Trennung und dem Ende der Zugewinngemeinschaft (Stichtag Endvermögen) Vermögen "verschwunden" ist, muss derjenige, dessen Vermögen sich in diesem Zeitraum reduziert hat, das erläutern. Hat er Vermögen "verschwinden" lassen, in der Absicht den anderen Ehegatten zu benachteiligen, wird das was "verschwunden" ist, seinem Endvermögen wieder hinzugerechnet. Dementsprechend erhöht sich der Anspruch auf Zugewinnausgleich.

Bei allen Auskunftsansprüchen ist die Auskunft zu einem exakten Stichtag zu erteilen. Es ist also im Hinblick auf das Trennungsdatum nicht nur für den Nachweis der Trennung, sondern auch für den Auskunftsanspruch sehr wichtig, dass man beweisen kann, an welchem Tag die Trennung sich vollzogen hat. Bestreitet der andere, dass die Trennung genau an dem behaupteten Tag stattgefunden hat und kann man den genauen Tag gegenüber dem Gericht nicht beweisen, denn entfällt der Auskunftsanspruch zum Trennungsdatum komplett.

Wenn Sie voraussehen können, dass irgendwann eine Scheidung ansteht und dass dabei zwischen Ihnen und Ihrem Ehegatten zum einem Zugewinnausgleich kommen könnte, sollten Sie ihren Anwalt für Scheidungen so früh wie möglich aufsuchen. Es gibt eine Menge, was vorbereitend auf eine solchen Auseinandersetzung tun kann, um seine eigene Position abzusichern und zu verbessern. Ein zu langes Abwarten wird Sie mit großer Wahrscheinlichkeit viel Geld kosten.

Wann kann der Ausgleich des Zugewinns verweigert werden?

Im Ausnahmefall kann - obwohl rechnerisch ein Zugewinnausgleich zu erfolgen hätte - die Zahlung des Zugewinnausgleichs verweigert werden, wenn der Ausgleich des nach den Umständen des Falls grob unbillig wäre, § 1381 BGB. Dabei werden an das Vorliegen grober Unbilligkeit hohe Anforderungen gestellt. Es müssen sehr gravierende Tatsachen bzw. ein extremes eheliches Fehlverhalten vorliegen, so dass dem anderen Ehegatten bei Durchführung des Zugewinnausgleichs ein nicht mehr zumutbares (Vermögens-)Opfer abverlangt würde. Die Durchführung des Zugewinnausgleichs muss in diesen Fällen den Gerechtigkeitsgehalt der Vermögensteilhabe unter Ehegatten grob verfehlen und dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen.

Grobe Unbilligkeit kann danach zu bejahen sein, wenn derjenige, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch seiner Verpflichtung gegenüber dem Ausgleichsverpflichteten, Unterhalt zu leisten, nicht nachgekommen ist, § 1381 Abs. 2 BGB.

Mehrfach entschieden hat die Rechtsprechung, dass das Unterschieben scheinehelicher Kinder ("Kuckuckskinder"), die grobe Unbilligkeit begründen kann.

Keine grobe Unbilligkeit liegt demgegenüber nach der Rechtsprechung vor, wenn der sehr vermögende Ehegatte, der aufgrund seines hohen Anfangsvermögens keinen Zugewinn erzielt hat, von seiner nicht sonderlich vermögenden Ehefrau Zugewinnausgleich verlangt.

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