Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie hier: Datenschutz
Wollen die Ehegatten oder zukünftigen Ehegatten vorausschauend die Folgen einer möglichen Scheidung regeln, können sie dies durch einen Ehevertrag tun.
Den wenigsten Menschen ist bewußt, dass die Entscheidung zu heiraten, die vielleicht wichtigste wirtschaftliche Entscheidung des Lebens ist. Wird eine Ehe geschieden, ohne das die Ehepartner einen Ehevertrag abgeschlossen haben, können die wirtschaftlichen Folgen, je nach Einkommens- und Vermögenslage der Ehepartner, Hunderttausende von Euro betragen.
Ein guter Grund also, vor Eingehen der Ehe auch darüber nachzudenken, wie man im Fall einer Trennung auseinander gehen will.
Auch, wenn die Ehe nicht mehr zu retten ist, macht es noch Sinn, sich über die Folgen von Trennung und Scheidung in Form einer Scheidungsvereinbarung zu einigen, statt sich über alles worüber man sich streiten kann, vor dem Familiengericht zu bekriegen.
Ein Ehevertrag kann vor der Heirat oder während der Ehe abgeschlossen werden und kann während dieser Zeit von den Ehegatten auch wieder geändert oder aufgehoben werden, § 1408 Abs. 1 BGB. Zu beachten ist dabei aber, dass dies nur für das deutsche Recht gilt. In vielen anderen Ländern werden Eheverträge, die erst nach der Heirat geschlossen werden, nicht anerkannt.
Von einer Scheidungsfolgenvereinbarung spricht man, wenn die Ehegatten die materiellen Folgen, die sich aus einer bevorstehenden Scheidung ergeben einvernehmlich in einem Vertrag regeln.
Sowohl beim Entwurf eines Ehevertrag wie auch einer Scheidungsfol-genvereinbarung ist unbedingt, die umfangreiche Rechtsprechung zur Wirksamkeit und Anpassung von Eheverträgen zu beachten. In unserer Kanzlei häufen sich die Fälle, in denen im Rahmen einer Scheidung teilweise vor Jahrzenten abgeschlossene Eheverträge von einem der Beteiligten angefochten werden.
Ist die Anfechtung vor Gericht erfolgreich, ist der Ehevertrag unwirksam und an seine Stelle treten die gesetzlichen Regeln. Das kann – etwa wenn die vertragliche Vereinbarung der Gütertrennung keinen Bestand hat – den Ausgleichspflichtigen sehr viel Geld kosten.
In aller Regel muss ein Ehevertrag zu seiner formalen Wirksamkeit anschließend von einem Notar beurkundet werden.
Eheverträge machen in vielen Konstellationen Sinn. Insbesondere sollte man an den Abschluss eines Ehevertrages denken:
Die Vorteile eines Ehevertrages liegen auf der Hand. Für den Fall einer späteren Scheidung ist alles bereits geregelt und man erspart sich einen langen und kostspieligen Scheidungskrieg. Jeder der Ehegatten weiß von vornherein, wie er im Scheidungsfall wirtschaftlich dasteht.
Außerdem kann man die Scheidungsfolgen in einem Ehevertrag erheblich flexibler gestalten, als das Gesetz dies vorsieht. Während zum Beispiel bei einem Zugewinnausgleich nach dem Gesetz nur ein finanzieller Ausgleich verlangt werden kann, kann in einem Ehevertrag eine dingliche Übertragung von Vermögensgegenständen (Haus, Eigentumswohnung) vereinbart werden. Ferner kann in einem Ehevertrag vereinbart werden den Versorgungsausgleich auszuschließen, der sonst bei einer Scheidung durch das Gericht in der Regel automatisch und ohne dass es eines Antrages bedarf, durchgeführt wird.
In einem Ehevertrag können insbesondere Regelungen getroffen werden:
Schließen die Ehegatten keinen Ehevertrag, leben sie automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei dieser Regelung bleibt das Vermögen jedes Ehegatten während der Ehe rechtlich voneinander getrennt und zwar unabhängig davon, ob es schon von Beginn an da war oder erst im Laufe der Ehe erworben wird. Aus dieser Trennung der Vermögen resultiert auch, dass keiner der beiden Ehegatten für Verbindlichkeiten oder Schulden des anderen Ehegatten haftet. Etwas anderes gilt nur, wenn die Eheleute eine gemeinsame Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger eingegangen sind (Mietvertrag, Kreditvertrag, Bürgschaft).
Werden im Gegensatz dazu Vermögensgegenstände bewusst gemeinsam erworben, wie die Eigentumswohnung, oder wird ein gemeinsames Konto geführt, sind die Ehepartner grundsätzlich vermögensmäßig hälftig daran beteiligt.
Leben die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft findet im Falle der Scheidung der sogenannte Zugewinnausgleich statt. Der Ehegatte, der während der Ehe mehr Vermögen erworben hat, als der andere, muss dem wirtschaftlich schwächeren seinen Mehrgewinn ausgleichen. Zur Berechnung wird für beide Eheleute eine Bilanz über den während in der Ehe erzielten Zugewinn an Vermögen erzielt. Das Anfangsvermögen zum Zeitpunkt der Heirat, wird vom Endvermögen (Stichtag ist die Zustellung des Scheidungsantrages an den anderen Ehegatten) abgezogen. Das ist der jeweilige Zugewinn.
Folgende Beispielsrechnung zum Zugewinnausgleich:
Anfangsvermögen Ehefrau | Anfangsvermögen Ehemann | ||
---|---|---|---|
PKW | 5.000 € | PKW | 7.000 € |
Girokonto | 2.000 € | Girokonto | 12.000 € |
- | - | Bausparvertrag | 15.000 € |
Gesamt | 7.000 € | Gesamt | 34.000 € |
Endvermögen Ehefrau | Endvermögen Ehemann | ||
---|---|---|---|
½ Haus | 240.000 € | ½ Haus | 240.000 € |
Schmuck | 18.000 € | PKW | 40.000 € |
Kosmetiksalon | 40.000 € | Girokonto | 3.000 € |
Girokonto | 2.000 € | Aktiendepot | 120.000 € |
Gesamt | 300.000 € | Gesamt | 403.000 € |
Zugewinn Ehefrau (Anfangs - Endvermögen) 293.000 € | Zugewinn Ehemann (Anfangs - Endvermögen) 369.000 € |
Zugewinnanspruch Ehefrau:
(369.000 € - 293.000 €) / 2 = 38.000 €
Eine Besonderheit gilt für Vermögen, welches einer der Ehegatten während der Ehe vererbt oder geschenkt bekommt. Schenkungen oder Erbschaften werden dem jeweiligen Anfangsvermögen zugerechnet. Der Wert der Schenkung oder Erbschaft zum Zeitpunkt des Anfalls wird dadurch in der Berechnung des Zugewinns neutralisiert. Allerdings werden Wertsteigerungen des Geschenkten oder Geerbten – zu denken ist vor allem an Immobilien – im Zugewinnausgleich dennoch berücksichtigt.Im obigen Beispiel erbt die Ehefrau das Haus Ihrer Eltern und besitzt dieses zum Zeitpunkt der Scheidung noch, so dass dieses Haus sowohl im Anfangsvermögen als auch im Endvermögen der Ehefrau zu berücksichtigen ist.
In diesem Beispiel erbt die Ehefrau das Haus Ihrer Eltern und besitzt dieses zum Zeitpunkt der Scheidung noch, so dass dieses Haus sowohl im Anfangsvermögen als auch im Endvermögen der Ehefrau zu berücksichtigen ist.
Anfangsvermögen Ehefrau | Anfangsvermögen Ehemann | ||
---|---|---|---|
PKW | 5.000 € | PKW | 7.000 € |
Girokonto | 2.000 € | Girokonto | 12.000 € |
Elternhaus (Erbschaft kurz nach der Heirat) | 300.000 € | Bausparvertrag | 15.000 € |
Gesamt | 307.000 € | Gesamt | 34.000 € |
Endvermögen Ehefrau | Endvermögen Ehemann | ||
---|---|---|---|
½ Haus | 240.000 € | ½ Haus | 240.000 € |
Schmuck | 18.000 € | PKW | 40.000 € |
Kosmetiksalon | 40.000 € | Girokonto | 3.000 € |
Girokonto | 2.000 € | Aktiendepot | 120.000 € |
Elternhaus | 380.000 € | - | - |
Gesamt | 680.000 € | Gesamt | 403.000 € |
Zugewinn Ehefrau (Anfangs - Endvermögen) 373.000 € | Zugewinn Ehemann (Anfangs - Endvermögen) 369.000 € |
Zugewinnanspruch Ehemann
(373.000 € - 369.000 €) / 2 = 2.000 €
Hier hat also der Ehemann aufgrund der Tatsache, dass das geerbte Haus der Ehefrau während der Ehe einen Wertzuwachs von 80.000 € erfahren hat, einen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegen seine Frau.
Diese gesetzliche Folge, dass im Falle der Zugewinngemeinschaft bei Scheidung ein Ausgleich des Zugewinns zu erfolgen hat, können die Ehegatten durch Ehevertrag ausschließen, bzw. individuell regeln.
Der Zugewinnausgleich zählt nach der Kernbereichslehre des BGH nicht zu der Gruppe der besonders schützenswerten Ansprüche im Rahmen einer Scheidung. Er kann deshalb wirksam zwischen den Beteiligten modifiziert oder ganz ausgeschlossen werden. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen kommt in Betracht, dass der Ausschluss des Zugewinnausgleichs rechtlich unwirksam ist (siehe dazu 7. und 8.).
Die Ehegatten können – was sich insbesondere im Falle der Unternehmerehe anbietet – den Zugewinnausglich modifizieren. Dabei bleibt es grundsätzlich beim gesetzlichen Güterstand mit der Folge, dass bei Scheidung der Ehe ein Zugewinnausgleich stattfindet. Jedoch wird dieser so modifiziert, dass bestimmte Vermögensbestandteile ehevertraglich vom Ausgleich ausgeschlossen werden, z.B. Firmenvermögen. Dann wird im Falle der Scheidung der Zugewinn nur auf der Basis des jeweiligen Privatvermögens berechnet und ausgeglichen, das Firmenvermögen bleibt außen vor.
Diese Variante dient dem legitimen Schutz des Firmenvermögens. Würde dieses im Fall einer Scheidung im Zugewinnausgleich Berücksichtigung finden, besteht die Gefahr der Zerschlagung oder Schwächung des Betriebes durch eine hohe Zugewinnausgleichszahlung, weil der Wert des Unternehmens den Wert des Privatvermögens des Unternehmers weit überschreiten kann. Ohne den Verkauf des Unternehmens oder zumindest die Aufnahme eines hohen Kredites, kann er den Zugewinnausgleichsanspruch unter Berücksichtigung eines Firmenwertes nicht bezahlen.
Treffen die Ehegatten keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung findet im Rahmen einer Scheidung der sogenannte Versorgungs-ausgleich statt. Das heißt, dass die während der Ehe erworbenen Renten-anwartschaften werden per Gerichtsentscheidung jeweils zur Hälfte dem anderen Ehegatten gutgeschrieben. Das gilt grundsätzlich für alle Versorgungsansprüche wie:
Da auch für Eheverträgen grundsätzlich das Prinzip der Vertragsfreiheit gilt, können die Ehegatten, den Versorgungsausgleich durch Ehevertrag auszuschließen. Anders als beim Zugewinnausgleich gehört der Versorgungsausgleich nach der Rechtsprechung des BGH jedoch zum Kernbereich der Scheidungsfolgen, weshalb sein Ausschluss wesentlich problematischer ist, als der Ausschluss des Zugewinnausgleichs. Ein Ehevertrag in dem der Versorgungsausgleich ausge-schlossen ist, kann – abhängig von der gesamten Gestaltung des Vertrages – von Anfang an sittenwidrig und damit nichtig sein oder aber die Berufung auf den ausgeschlossenen Versorgungsausgleich kann gegen Treu und Glauben verstoßen mit der Folge, dass der Richter die ehevertragliche getroffene Regelung zum Versorgungsausgleich nachträglich abändern kann. (Siehe dazu 6.)
Auf Trennungsunterhalt, also Unterhalt vom Zeitpunkt der Trennung bis zur Scheidung kann nicht wirksam verzichtet werden, weder ganz noch teilweise. Es sind unzählige Versuche unternommen worden, dieses gesetzliche Verbot zu umgehen, die Rechtsprechung hat solche Umgehungsversuche immer für nichtig erklärt, mit der Folge, dass nicht nur die Regelung zum Trennungsunterhalt im Ehevertrag unwirksam war, sondern manchmal der gesamte Ehevertrag.
Allerdings lässt das Gesetz den Eheleuten bei der ehevertraglichen Gestaltung einen gewissen Spielraum für eine interessensgemäße und situationskonforme Ausgestaltung des Unterhaltsanspruches. Auch dazu lassen sich keine allgemeinen Aussagen treffen, sondern es muss immer der individuelle Fall zu Grunde gelegt und beurteilt werden.
Vom Trennungsunterhalt ist der nacheheliche Unterhalt zu unterscheiden, der andere Anspruchsvoraussetzungen hat. Nachehelicher Unterhalt kann grundsätzlich vertraglich ausgeschlossen oder zeitlich bzw. der Höhe nach begrenzt werden.
Es kann beispielsweise vereinbart werden, dass der Unterhaltsanspruch auf bestimmte Lebenssituationen beschränkt wird, Z.B. Unterhalt bei Krankheit und Kindererziehung des Berechtigten, nicht aber bei Arbeitslosigkeit der Unterhalt bei einer kurzen Ehedauer ausgeschlossen wird (z.B. Unterhaltsansprüche erst nach fünf Jahren Ehezeit) der Unterhalt komplett ausgeschlossen und durch eine einmalige Abfindungszahlung ersetzt wird, statt des Unterhaltes eine Abfindung gezahlt wird, die sich der Höhe nach an der Anzahl der Ehejahre bemisst.
Ebenso wie beim Ausschluss des Versorgungsausgleichs, bedürfen Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt einer intensiven juristischen Prüfung, da auch Sie nach der Rechtsprechung des BGH zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zählen und von den Gerichten für unwirksam erklärt oder angepasst werden können.
Das Gesetzt legt ausdrücklich fest, dass auf den Kindesunterhalt nicht, auch nicht teilweise verzichtet werden kann. Der Grund dafür ist, dass es sich um einen Anspruch des Kindes handelt, über den Vater und Mutter nicht zum Nachteil des Kindes eine Vereinbarung treffen können. Eine Vereinbarung im Ehevertrag, in dem auf Kindesunterhalt verzichtet wird ist darum unwirksam.
Möglich ist allerdings, dass der Elternteil, bei dem die Kinder leben, dem anderen Elternteil, der grundsätzlich barunterhaltspflichtig ist, von der Unterhaltszahlung freistellt. Dazu müsste sich der Elternteil in dessen Haushalt die Kinder leben, allerdings verpflichten, für den Barunterhalt der Kinder selbst aufzukommen. In den Ehevertrag muss also seine Erklärung aufgenommen werden, dass er künftig den Barunterhalt an die Kinder bezahlen wird.
Wie schon im Voranstehenden angedeutet, können Eheverträge bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unter bestimmten Umständen sittenwidrig sein, § 138 BGB, mit der Folge, dass Sie von Anfang an nichtig sind. Die Ehegatten sind also in der Gestaltung eines Ehevertrages nicht völlig frei, sondern müssen die gesetzlichen Vorgaben sowie die Rechtsprechung dazu beachten.
Gibt es später Streit über die Regelungen in einem Ehevertrag, kann jeder Vertragspartner diesen vom Familiengericht auf seine Wirksamkeit überprüfen lassen. Viele Eheverträge, die teilweise vor Jahrzehnten geschlossen wurden, werden heute von den Gerichten für sittenwidrig und in der Folge für teilweise oder sogar völlig unwirksam erklärt.
Damit ein Ehevertrag als sittenwidrig anzusehen ist, muss nach der Rechtsprechung des BGH sowohl objektiv wie auch subjektiv eine sogenannte gestörte Vertragsparität vorliegen und durch denjenigen, der sich auf die Sittenwidrigkeit des Vertrages beruft, bewiesen werden.
Ist ein Ehevertrag ganz offensichtlich unausgewogen und belastet er einen der beiden Ehegatten einseitig und über jedes Maß hinaus (z.B. gleichzeitiger Ausschluss von Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich und nachehelichem Unterhalt) liegt eine objektive Störung der Vertragsparität vor. Solch ein Vertrag trägt die Gefahr in sich, dass er sittenwidrig und damit nichtig ist.
Wird ein Ehevertrag angefochten wird vom Gerichte geprüft, ob der Ehevertrag zum Zeitpunkt seines Zustandekommens offenkundig eine derart einseitige Lastenverteilung für den Scheidungsfall beinhaltet, dass diesem - losgelöst von der künftigen Entwicklung der Lebensverhältnisse der Ehegatten - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten, die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise zu versagen ist, § 138 BGB.
Der ausschließliche Ausschluss des Zugewinnausgleichs im Ehevertrag stellt regelmäßig keinen Verstoß gegen die guten Sitten dar. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gehört der Zugewinnausgleich nicht zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts. Er ist darum der ehevertraglichen Disposition am weitesten zugänglich, mit der Folge, dass er ohne jede Rechtfertigung wirksam ausgeschlossen werden kann, (BGH, Urteil vom 11.02.2004, XII ZR 265/02, Rn. 43, 62 = BGHZ 158, 81, = FamRZ 2004, 601, 604 ff).
Im Hinblick auf diese Nachrangigkeit des Zugewinnausgleichs im System des Scheidungsfolgenrechts ist der Ausschluss des Zugewinnausgleichs allein – ohne Hinzutreten weiterer besonderer Umstände – regelmäßig nicht sittenwidrig, (BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 – XII ZR 6/07 Rn. 19 = FamRZ 2008, S. 2011 mwN).
Enthält der Ehevertrag jedoch weitere einseitige Belastungen eines der Beteiligten, wie den gleichzeitigen vertraglichen Ausschluss des Versorgungsausgleichs und oder des nachehelichen Unterhaltes, wird die Lage regelmäßig anders zu beurteilen sein. In einem solchen Fall wird vermutlich objektiv ein Ungleichgewicht in der ehevertraglichen Gestaltung vorliegen und somit eine objektive Störung der Vertragsparität zu bejahen sein.
Zu beachten ist, dass zur Beantwortung der Frage, ob eine objektive Störung der Vertragsparität vorliegt und ein Ehevertrag somit von Anfang an gemäß § 138 BGB sittenwidrig ist, ausschließlich Umstände zu berücksichtigen sind, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits vorgelegen haben. Spätere Entwicklungen sind für die Prüfung der Sittenwidrigkeit unerheblich, (BGH, Urteil vom 11.02.2004 – XII ZR 265/02, Rn. 46 = BGHZ 158, 81, = FamRZ 2004, 601).
Selbst wenn die Bestimmungen des Ehevertrages einen der Ehegatten mehr belasten als den anderen, folgt daraus allein nach ständiger Rechtsprechung des BGH noch nicht die Sittenwidrigkeit des Vertrages.
Um die Sittenwidrigkeit zu bejahen, muss zusätzlich das Kriterium einer subjektiven Störung der Vertragsparität vorliegen. Damit ist eine verwerfliche subjektive Komponente gemeint. Es muss eine "verwerfliche Gesinnung" des durch den Ehevertrag begünstigten festzustellen sein.
Eine derartige Situation hat die Rechtsprechung bejaht
„Auch im Fall einer objektiv einseitigen, durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung ist das Verdikt der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages nur möglich, wenn zusätzlich eine Störung der subjektiven Vertragsparität festgestellt werden kann", (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.10.2014 – 20 UF 7/14 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10, Rn. 24 =BGH FamRZ 2013, 195).
„Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände erkennbar sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit hindeuten könnten", (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10, Rn. 24).
„Eine solche Störung der subjektiven Vertragsparität liegt nicht schon dann vor, wenn der benachteiligte Ehegatte die Bedeutung und Tragweite des Abschlusses eines Ehevertrages grundsätzlich erkennt, die konkreten Vertragsbestimmungen jedoch nicht versteht und sodann weitere Beratung und Aufklärung vor Abschluss des Ehevertrages deshalb nicht einholt, weil er seinem Ehegatten blind vertraut. Der bewusste Verzicht darauf, im Rahmen der Vertragsverhandlungen selbst oder durch Berater die eigenen Interessen zu wahren, rechtfertigt nicht schon die Bejahung des subjektiven Sittenwidrigkeitselementes", (Obiter Dictum des OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.10.2014 – 20 UF 7/14 = OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 500).
Der BGH hat immer an „Kernbereichsferne“ des Zugewinnausgleichs festgehalten und das explizit auch für Unternehmerehen, in denen der selbständig erwerbstägige Ehegatte seine Altersvorsorge nicht durch die Bildung von Vorsorgevermögen, sondern im Wesentlichen durch den Aufbau privaten Vermögens sichert. Der BGH hat sich selbst dann nicht veranlasst gesehen, einen vertraglichen Ausschluss des Zugewinnausgleichs im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle zu korrigieren, wenn bereits bei Vertragsabschluss absehbar gewesen ist, dass sich der andere Ehegatte ganz oder teilweise aus dem Erwerbsleben zurückziehen wird und deshalb eine vorhersehbare nicht kompensierte Lücke in der seiner Altersversorgung entsteht. Vielmehr hat der BGH demgegenüber ein überwiegend legitimes Interesse des erwerbstätigen Ehegatten anerkannt, das Vermögen seines selbständigen Betriebes durch die Vereinbarung der Gütertrennung einem möglicherweise existenzbedrohenden Zugriff seines Ehegatten im Scheidungsfall zu entziehen.
„Verzichten Ehegatten von vornherein darauf, in der Ehe durch die Begründung von Versorgungsanrechten - sei es in der gesetzlichen Rentenversicherung, sei es in einer Lebensversicherung oder bei einer sonstigen Einrichtung - für den Fall des Alters und der Invalidität vorzusorgen, so müssen sie sich auch im Scheidungsfall an dieser Entscheidung festhalten lassen; kein Ehegatte kann erwarten, der - entsprechend den Vorstellungen bei Vertragsschluss - unterlassene Erwerb von Versorgungsvermögen werde im Scheidungsfall über den - vertraglich ausgeschlossenen - Zugewinnausgleich kompensiert. Auf die selbständige oder unselbständige Berufstätigkeit eines oder beider Ehegatten in der Ehe kommt es insoweit nicht an. Im Gegenteil wird - wie bereits ausgeführt - gerade bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit eines Ehegatten dessen berechtigtes Interesse anzuerkennen sein, das Vermögen seines Erwerbsbetriebs durch den vertraglichen Ausschluss des Zugewinnausgleichs einem möglicherweise existenzbedrohen- den Zugriff seines Ehegatten im Scheidungsfall zu entziehen und damit nicht nur für sich, sondern auch für diesen Ehegatten und die gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder die Lebensgrundlage zu erhalten." (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2007 – XII ZR 96/05, Rn. 23).
Diese Rechtsprechung des BGH ist nicht ohne Kritik geblieben (siehe etwa Dauner-Lieb, AcP 2010, 580 ff.; Bergschneider FamRZ 2010, 1857, 1859; Reetz FamFR 2011, 339: Brudermüller NJW 2008, 3191;). Dem ist der BGH allerdings entgegengetreten und hat an seiner Auffassung festgehalten (BGH FamRZ 2013, 269).
Ist ein Ehevertrag wirksam geschlossen, kann es dennoch sein, dass er vor vom Familiengericht nicht vollständig Bestand hat und im Rahmen der sogenannten Wirksamkeitskontrolle vom Gericht angepasst wird.
Voraussetzung für einen derartigen Eingriff des Richters ist, dass die Berufung auf den wirksam geschlossenen Ehevertrag zum Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe durch den Begünstigen rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB ist. Der BGH nimmt das an, wenn sich aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolgen eine evident einseitige und nach Treu und Glauben unzumutbare Lastenverteilung ergibt (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – XII ZB 318/11 Rn. 22, BGH FamRZ 2014, 1978 Rn. 22).
Voraussetzung für eine richterliche Anpassung eines Ehevertrages nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ist jedoch, dass dem Ehegatten, der sich auf die Unwirksamkeit des Ehevertrages beruft durch die Ehe Nachteile entstanden sind (z.B. Verlust von Einkommen und Rentenansprüchen aufgrund reduzierter Berufstätigkeit).
Mit der Anpassung von Eheverträgen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmiss-brauchskontrolle, § 242 BGB, sollen nämlich allein ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden. Sind solche Nachteile nicht vorhanden oder bereits vollständig kompensiert, dient die richterliche Ausübungskontrolle nicht dazu, dem durch den Ehevertrag belasteten Ehegatten zusätzlich (entgangene) ehebedingte Vorteile zu gewähren und ihn dadurch besser zu stellen als hätte es die Ehe und die mit der ehelichen Rollenverteilung einhergehende Disposition über Art und Umfang seiner Erwerbstätigkeit nicht gegeben (BGH Beschluss vom 20.6.2018 – XII ZB 84/17 Rn. 31, BGH FamRZ 2014,1978 Rn. 26; BGH FamRZ 2013, 770, Rn. 22; BGH FamRZ 2007, 974, Rn. 28).
Um festzustellen, welche ehebedingten Nachteile ein Ehegatte im Hinblick auf sein Einkommen erlitten hat, ist eine hypothetische Karriere des Betreffenden glaubhaft zu machen. Wie hätte die berufliche Laufbahn des betreffenden Ehegatten ausgesehen, wenn er nicht geheiratet hätte? Was würde er heute verdienen? Aus dieser hypothetischen Erwerbsbiographie im Vergleich zu seiner tatsächlichen beruflichen Situation und seinem realen Einkommen, leiten sich dann die erlittenen ehebedingten Nachteile ab.
Um festzustellen, welche ehebedingten Nachteile dem Ausgleichsberechtigten im Hinblick auf den Versorgungsausgleich entstanden sind, ist nach der Rechtsprechung des BGH eine hypothetische Versorgungsbiographie zu erarbeiten. Es ist also zu berechnen, welche Rentenansprüche der Betreffenden hätte erwerben können, wenn er nicht geheiratet, sondern seine eigen berufliche Karriere verfolgt hätte. Dieser Betrag stellt im Hinblick auf den Versorgungsausgleich die Obergrenze dar, die an ehebedingten Nachteilen hypothetisch entstanden sein kann. (Zur hypothetischen Berechnung von Rentenanwartschaften siehe BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10 Rn. 50 = FamRZ 2013, 195 Rn. 50; BGH Beschluss vom 27. Februar 2013 – XII ZB 90/11, Rn. 30 = FamRZ 2013, 770, Rn. 30; BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17 Rn. 29 ff.).
Sind einem Ehegatten ehebedingte Nachteile entstanden, kommt gleichwohl keine Anpassung des Ehevertrages nach Treu und Glauben in Betracht, wenn die entstandenen Nachteile anderweitig kompensiert worden sind.
So kompensiert beispielsweise das aufgrund der Ehe erlangte Vermögen ehebe-dingte Versorgungsnachteile (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – BHG XII ZB 84/17 Rn. 30). Schenkt also beispielsweise ein Ehegatte dem anderen während der Ehe erhebliche Vermögenswerte wie ein Haus oder einen Anteil daran, kann das den ehebedingten Nachteil des Beschenkten, keine Altersversorgung zu haben, kompensieren.
Dieser Grundsatz des BGH – dass auch in der Ehe erworbenes Vermögen ehebedingte Nachteile bei der Altersvorsorge kompensiert – gilt nur dann nicht, wenn der mit den Versorgungsnachteilen belastete Ehegatte auch ohne die Ehe ein vergleichbares Vermögen hätte aufbauen können (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – XII ZB 303/13 Rn. 31 = BGH FamRZ 2014, 629 Rn. 31; BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17 Rn. 30).
Ebenso können Unterhaltszahlungen einen erlittenen ehebedingten Nachteil im Hinblick auf die Altersvorsorge kompensieren. Auch gezahlter Unterhalt tritt nach der Rechtsprechung des BGH an die Stelle der Altersversorgung, (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2007 – XII ZR 96/05, Rn. 34; BGH, Urteil vom 11.02.2004 – XII ZR 265/02, Rn. 43).
Ein Sonderfall, in dem ein Eingriff des Richters in den Ehevertrag nach Treu und Glauben, § 242 BGB, vorstellbar ist, betrifft die sogenannte Funktionsäquivalenz zwischen Güterrecht und Altersvorsorge.
Der BGH hat bei diesem Gedanken insbesondere die Unternehmerehe im Blick, bei der im Ehevertrag der Zugewinnausgleich ausgeschlossen wurde. Grundsätzlich ist das nicht zu beanstanden, im Einzelfall aber kann sich in dieser Konstellation eine einseitige nach Treu und Glauben unzumutbare Lastenverteilung ergeben, die gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Wenn hier nämlich ein Ehegatte ausschließlich den Haushalt führt und darum keine Altersvorsorge aufbauen kann, während der andere, unternehmerisch tätige Ehegatte gleichfalls keine Rentenversorgung aufbaut, weil er allein auf die Vermögensbildung durch Aufbau seines Unternehmens setzt, steht der haushaltsführende Ehegatte im Falle der Scheidung unter Umständen völlig mittellos und ohne jede Altersvorsorge da. Selbst hat er keine Altersvorsorge aufgebaut und die Durchführung des – im Ehevertrag nicht ausgeschlossenen Versorgungsausgleichs – hilft ihm nicht weiter, weil der erwerbstätige Ehegatte keine Versorgungsansprüche erworben hat. Am vom unternehmerisch tätigen Ehegatten während der Ehe erworbenen Vermögen kann der haushaltsführende Ehegatte ebenfalls nicht partizipieren, weil der Zugewinnausgleich im Ehevertrag ausgeschlossen wurde.
Für diesen speziellen Fall hat der BGH in mehreren Entscheidungen angedeutet hat, dass es unter dem Gesichstpunkt der Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich besondere Sachverhaltskonstellationen geben könnte, in denen ein „Hinübergreifen" von einem in das andere – sonst strikt getrennte – vermögensbezogene Ausgleichssystem im Rahmen der Ausübungskontrolle in Betracht gezogen werden kann, (BGH FamRZ 2014, 1978, Rn. 30; BGH FamRZ 2013, 269 Rn. 35 f.; BGH FamRZ 2013,1366 Rn. 110).
Jedoch hat der BGH in seiner Rechtsprechung bislang in keinem Fall eine Unwirksamkeit der vertraglich vereinbarten Gütertrennung angenommen oder eine Anpassung der güterrechtlichen Vereinbarung am Maßstab von § 242 BGB vorgenommen.
Der BGH hat vielmehr stets die Meinung vertreten, dass grob unbillige Versorgungsdefizite, die sich aus dem Ehevertrag der Ehegatten ergeben, vorrangig im Unterhaltsrecht - weil bedarfsorientiert - und allenfalls hilfsweise durch Korrektur der von den Ehegatten gewählten Vermögensordnung zu kompensieren sind, (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 – XII ZR 265/02 Rn. 43 = BGHZ 158, 81; BGH, Urteil vom 17. Oktober 2007 – XII ZR 96/05, Rn. 34).
Weiter hat der BGH für diese spezielle Konstellation die Auffassung vertreten, dass für den Fall, dass tatsächlich eine Korrektur des Ehevertrages im Wege der richterlichen Ausübungskontrolle zu erfolgen hat, lediglich ein modifizierte Zugewinnausgleich in Betracht kommt, der einerseits durch den zum Aufbau der entgangenen Versorgungsanrechte erforderlichen Betrag und andererseits durch die gesetzliche Höhe des Ausgleichsanspruchs begrenzt ist (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – XII ZB 318/11 Rn. 31, BGH FamRZ 2014, 1978 Rn. 31).
Lediglich das OLG Celle hat bislang unter dem Gesichtspunkt der Funktionsäquivalenz von Güterrecht und Altersvorsorge in einem einzigen Fall eine Korrektur eines Ehevertrages vorgenommen, im der der Zugewinnausgleich ausgeschlossen worden war (OLG Celle 21 UF 197/079.
Als Rechtsanwalt und Rechtsanwältin vertreten wir ausschließlich Ihre Interessen. Kontaktieren Sie uns noch heute.
Bayerische Straße 31
10707 Berlin-Wilmersdorf
030 844 222 49
frank@kanzleifrank.com
Gerne rufen wir Sie an, wenn Sie das folgende Formular ausfüllen. Oder sie melden sich direkt bei uns unter 030 / 844 222 49